23 Juli 2009

Benno

"Boah, das wird aber auch heiß, so'n Lederportemonnaie in der Sonne." Benno steckt sein Portemonnaie in die Hosentasche. BusinessLunch: Wir saßen auf der Terrasse, kein Sonnenschirm, den wollten wir auch nicht, vier wilde und verwegene Kerle. Und das Portemonnaie auf dem Tisch. Da, wo andere Leute ihr SmartPhone haben. Benno, der Kollege aus dem Marketing ist ein scharfer Beobachter. Es ist sein Beruf und wohl auch seine Leidenschaft, mit gespitzten Öhrchen dem Zahn der Zeit zu lauschen.

Benno wollte mir ein paar leere Bierkästen zukommen lassen, die er von der letzten Party übrig hat.
"Wo kann man das denn abgeben?", frag ich, "Was is' denn das für'n Bier" - "Oh, 'n ganz Normales, das kann man überall..." Er zeigt mir die Kästen. Benno - aus dem Marketing - hat keine Schwierigkeiten mich auch angesichts offenkundig anderer Tatsachen anzulügen. Das Bier ist natürlich ein Marketing-Bier, ein trendiges, das man eben nicht überall abgeben kann. "... bei Getränke Hoffmann abgeben."
Zu Getränke Hoffmann! Während mein Haus umgebaut wird, während ich auf der Baustelle lebe, während das Dach abgedeckt ist und der Strom abgestellt. Da hat man doch für so was keine Zeit.
Benno aus dem Marketing hat einen guten Sinn für Timing.

Dreimal schon hab ich die Kisten nicht mitgenommen nach Feierabend. Das ist doch nun wirklich kein aufwand. Das ganze entwickelt sich zu einem Drama. Wenn ich's nicht nötig hab', brauch ich's nur zu sagen, sagt Benno und hat damit natürlich vollkommen recht. Aber ich schieb's auf, ein Charakterfehler, an dem ich arbeiten muss.
Am dritten Tag baut Benno sich vor mir auf und verkündet, er werde - bis diese Affäre ausgestanden sei - mich nur noch "Herr Hans" nennen. Wir versuchen also, uns zu siezen, was in der Firma nicht ganz einfach ist.
Das Ganze eskaliert wegen der Rivalität, zwischen mir und Benno, wegen dieser Wette... So viel kann ich sagen: Es geht um 10 €. Ende August wird abgerechnet.

Ihr könnt mir alle helfen.

Doch davon ein andermal mehr.

19 Juli 2009

Fullscreen Flash

40 Jahre Mondlandung. Wer will, kann noch einmal dabei sein. Die Nasa und die FJK-Bibliothek zeigen eine "Zeitkapsel"... u.a. den gesammten Originalton.
wechoosethemoon.org

Ähnlich eindrucksvoll ist diese schwedische Ikea-Seite (2008). Die Tastatur verwandelt sich in ein Soundboard.

17 Juli 2009

Witz

"Was ist grün und trägt Kopftuch?" - "Eine Gürkin."

07 Juli 2009

Alles ruhig am 1. Mai

Am Tag der Arbeit lädt der Kollege zum Geburtstag. Wie passend. Ab 18:00 Uhr im "Zimt & Zunder". Da will ich hin, mal schauen, wie die jungen Menschen heut so feiern. Obwohl er 35 wird und auch schon zu den Älteren gehört. Aus Firmenperspektive.
Das "Zimt & Zunder" liegt hinter der Frankfurter Allee in einem ehemaligen Hausbesetzer-Viertel. Eine Eckkneipe mit Blick auf das letzte besetzte Haus in Ostberlin:
Das X-Beliebig in der Liebigstraße. "Wir sind nicht käuflich", ist in großen, bunten Buchstaben an die Hausruine gemalt. Mir fällt da immer ein Satz von Dr. Seltsam ein: "Es ist leicht, nicht käuflich zu sein, wenn einen niemand kaufen will."
Um die Ecke steht ein Polizeiauto.
In der Kneipe ist die Feier schon in Gange. Es wird gratuliert und ausgepackt und Tüten gebaut. Vor dem ersten Bier probiere ich einmal - das wird ein lustiger Abend.
Vor der Tür eine Sportzigarette. Die Kollegen stehen zusammen und haben eine Geschäftsidee: Aus Bangkok oder Vietnam wollen sie historische Roller importieren, containerweise und hier mit dickem Gewinn verkaufen. Es fehlt nur das Startkapital. Die Kollegen gehören zu den Zeitgenossen, die, hätte sie nur ein Startkapital, längst reich wären. Wir stehen im Halbkreis, den Blick auf das besetzte Haus und rechnen noch mal durch: Wie reich wir wären, wenn wir ein Startkapital hätten.

Langsam wird es dunkel und aus dem alten Haus gegenüber werden alte Sperrmüllsofas auf die Straße getragen, ein Einkaufswagen wird mit Holzscheiten gefüllt. Am 1. Mai in Berlin muss es ein Lagerfeuer geben.
Die Polizisten sprechen in ihr Funkgerät. Wir rauchen und trinken.
Im "Zimt & Zunder" gibt es keinen Billiard, kein Dart, keinen Flipper und kein Tischfußball - hier gibt es eine Tischtennisplatte. "Ich war mal ganz gut im Tischtennis", sag ich. "Das sagen sie alle", antwortet das Geburtstagskind, - Vereinsspieler.
Der Laden füllt sich: Sportler, Musiker und Affiliates. Draußen fährt die Polizei vorbei. Erst der Corsa, dann ein Touran, dann ein Bully, 6-Pack genannt, schließlich hält eine Wanne. Sieben Grüne steigen aus, dick verpackt. Sie ermahnen die Hausbesetzerinnen... ohne Erfolg, dann kommt ein Feuerlöscher zum Einsatz, dann fahren sie wieder weg, und der Corsa nimmt seinen Platz wieder ein.
Auf dieser Seite der Straße sind die Meinungen zum Polizeieinsatz geteilt: "Bullenschweine" bzw. "härter durchgreifen" hält sich etwa die Waage. Ich plädiere für Deeskalation und lobe die Polizei und das Land, in dem es so zivil zugeht, so gelingt es mir in kurzer Zeit, beide Seiten gegen mich aufzubringen.
"Kampflesben" wohnen in dem Haus gegenüber, erfahre ich; kurz denke ich dran, rüber zu gehen und sie eines besseren zu belehren... 'n andermal, die laufen ja nicht weg.
An der Platte stehen: Ein Deutscher, ein Russe, ein Amerikaner und ein Vietnamese. Hochklassiges Tischtennis. Ich hol mir noch ein Bier oder...? Timo trinkt diese total angesagte Cola aus der winzigen Flasche: Das will ich auch.
Draußen wird zum dritten Mal gelöscht. Mitternacht. Der 1. Mai ist vorbei. Und, so weit ich das beurteilen kann, ist alles friedlich geblieben.

Aber darüber berichtet keiner.

Fortsetzung folgt.

04 Juli 2009

The next big thing

Am Mittwoch ist Schnitzeltag in der Spreebar. 5 €, wenn wir beim Zahlen den Namen des Arbeitgebers nennen. Wir sitzen draußen, auf Bierbänken, Timo, Henry und ich.
Wir essen und reden - über das Internet. Wir reden immer über das Internet. Erst gestern hab ich eine Reportage gehört im Radio über Computersucht und mich gefragt, ob ich wohl dazu gehöre... Wir reden drüber, wir verbringen den Großteil unserer Arbeitszeit dort und auch des Privatlebens.
"Die Frage ist doch", wenden wir uns Timo zu, der - langhaarig und verschlafen - an seinem Schnitzel mümmelt, "die Frage ist, ob du schon 'n Terabyte zu Hause hast."
"Ich hab' 160, das weiß ich", denke ich, sage aber nichts, während wir Timo beim - durch das Kauen rthythmisierten - Nachrechnen zuschauen.
Er hat. Aber auf mehrere Speichermedien verteilt. (Das war vor Monaten.)
Ich denke kurz an die kleinen Wohnungen der beiden, die von allerlei Internet-Gerätschaften dominiert sind.

"Kennt ihr eigentlich Youku?" - "Dot Com?", fragt Henry kauend und ich nicke. An dieser Stelle merke ich als Erzähler wieder einmal, wie schwer sich das Internet erzählen läßt. Dabei ist youku wirklich interessant. Es handelt sich um einen chinesischen youtube-Klon.
Nun, man kann über die Chinesen sagen, was man will (und viel ist ja auch schon gesagt worden...), aber im Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material sind sie eher lax. Also findet man auf youku kurz vor oder nach der Weltpremiere alle großen Hollywood-Filme mit chinesischen Untertiteln. Die Chinesen sind die wahren Piraten.
Ursula von der Leyen sollte den Zugang sperren lassen: Unter andrem ist dort auch der komplette Film "Lolita" von Stanley Kubrick aus dem Jahr 1962 zu sehen. Zensursula, Zensursula!

Das Schnitzel ist verputzt, ein paar Pommes liegen noch in ihrer Ketchup-Pfütze, wir stehen auf, um wieder online zu gehen.

Erst rauchen wir noch.
Timo zieht den neuen iPod aus der Tasche. "Oh, the next big thing", beten wir das "mobile internet device" an, aber Timo winkt ab.
"Nein, das sind Super8-Filme, die mein Opa gemacht hat." Und zusammen sehen wir uns eine kleinbürgerliche Hochzeit in einer sonnigen Kleinstadt an, wohl in der 60er Jahren. Man könnte es anhand der Garderobe der Damen bestimmen. Oder an den Autos. Damals hat noch keiner über das Internet geredet und keiner hatte einen Rechner zu Haus.
Wen interessierts? - Der Film ist ja nicht online. (Ähnliche Filme, die online sind hier.)


Fortsetzung folgt.